Darf ich das überhaupt? Identitätskrise auf dem M.STORIES Female Business Festival

Am 28. März stellte sich erneut heraus: Ein Tag voller weiblicher Energie und Inspiration ist manchmal genau das, was man braucht, ohne es zu wissen. Das M.STORIES Female Business Festival zeigte mir: Scheitern ist kein Stoppschild, sondern ein Schritt nach vorn.

M.STORIES Gründerin Martina Panchyrz eröffnet den Tag.

Noch bis Ende letzten Jahres war es für mich das normalste und schönste der Welt, auf Veranstaltungen für Gründerinnen oder Frauen in der Wirtschaft aufzurocken, und mich immer sofort wie zu Hause zu fühlen. Doch seitdem ich mein eCommerce Unternehmen im Januar 2025 an den Nagel hängen musste (dazu erzähle ich etwas ausführlicher im Purpose.Power.Perspektiven Podcast zum Thema Entscheidungen treffen), und mich auch noch entschieden habe, meine zweite Gründungsidee (GenFem Catalyst) erstmal auf Eis zu legen, hat mein Hirn gezielt und ohne Umwege in den Identitätskrisen-Modus geschalten. Darf ich überhaupt auf ein Female Business Festival gehen, auf dem lauter erfolgreiche und motivierte und inspirierende Frauen und Entrepreneurinnen unterwegs sind, während ich gefühlt die Flinte ins Korn geworfen und mich wieder auf Jobsuche begeben habe?

Der Inner Circle sagte JA! Und nachdem ich das M.STORIES Female Business Festival bereits letztes Jahr sehr cool und inspirierend fand (damals mit Stand für meine Marke for my ladies collective am Start), habe ich mich am Freitag auf den Weg zum Münchner Showpalast gemacht.

Tijen Onaran: „Jetzt erst recht!“

Authentizität, Offenheit und Fehlerkultur: Die Magie des kollektiven Voranscheiterns

Etwas kleinlaut schlich ich pünktlich um 10 Uhr Richtung Main Stage, wo das Programm direkt von Tijen Onaran – einer meiner Lieblingsunternehmerinnen – eröffnet wurde. Motto: JETZT ERST RECHT! Hier fühlte ich mich gleich auf zwei Ebenen abgeholt.

1. Die Frage, wie wir mit dieser irrwitzigen Anti-Diversity, Anti-Frauen, Anti-Immigranten, Anti-Alles-Außer-Maskuliner-Energie-Bewegung umgehen sollten – hinschmeißen oder flexen und Gegenmaßnahme einleiten – haben Anne und ich in unserem ersten Call im Januar besprochen. Heraus kam dieser Blog und der Purpose. Power. Perspektiven. Podcast. Bei „Jetzt erst recht“ können wir also voll mitgehen.

2. Ohne es zu diesem Zeitpunkt zu wissen, war dies bereits der Anfang des roten Fadens, der sich durch viele weitere Sessions des Tages durchziehen sollte: „voranscheitern“ oder „nach oben scheitern“ ist ein Konzept, das so gut wie alle erfolgreichen (und Erfolg hat bekanntlich viele unterschiedliche, individuelle Facetten) UnternehmerInnen gut zu kennen, und auch zu zelebrieren scheinen.

„Fehler sind ein Teil des Lebens. Es ist die Reaktion auf den Fehler, die zählt.“ so auch Dichterin und Aktivistin Nikki Giovanni.

„Highlights und Lowlights von Unternehmertum“ mit Sophia Wilk-Vollmann (Ärztin in Kriegsgebieten, Soldatin, Beauty-Doc), Cosima Richardson (Gründerin und CEO von Kynd Hair), Sue Giers (Gründerin SoSUE) und Janna Linke (Moderatorin ntv Startup Magazin, Podcast Host)

Nun gut. Mit gepamperter und balsamierter Seele sitzengeblieben für die nächsten Sessions.

Diskurs mit Wertschätzung und Respekt

Ich kann nicht mal genau sagen, was an diesem Vormittag so mit mir resoniert hat. Vermutlich eine Mischung aus unterschiedlichen Aspekten. Zum einen die Offenheit und Authentizität, mit der die vortragenden und diskutierenden Frauen ihre Geschichten teilen. Von in der Waschmaschine vergessener Wäsche und Videobotschaften der besten Freundin als bitter benötigter Ego-Boost, zu Gedanken, die einem durch gehen, wenn das Schiff, auf dem man sich befindet, unter Beschuss steht, Verunsicherung nach dem Beenden von Beziehungen und dem Wunsch nach einem offeneren Umgang mit dem Thema Scheitern. Das zeigt dem Rest von uns: kein Weg ist ohne Widerstände und Rückschläge. Was zählt, ist einzig und allein, wie wir damit umgehen.

„Haltung zeigen – So stärken wir unsere Demokratie“  mit Düzen Tekkal (Co-Gründerin HÁWAR.help e.V., Autorin, Journalistin, Filmemacherin und Menschenrechtsaktivistin), Eva Schulz (Politikjournalistin, Podcast Deutschland3000, Moderatorin), Preeti Malkani (Co-Gründerin und Vorsitzende des Aufsichtsrats Women for Women International Deutschland).

Zum anderen waren es die konstruktiven Diskussionen, ohne dabei die Wertschätzung und den Respekt für das Gegenüber zu verlieren. Es geht eben auch anders, als das was deutsche Politiker zur Schau stellen – in den letzten Monaten mehr denn je. Das macht Mut. Und auch ein bisschen stolz.

Zeit, sich ein wenig umzusehen. Das Showpalast Gelände erinnert ein wenig an eine Ranch. Hauptgebäude in der Mitte, während Kieswege die umliegenden kleineren Gebäude und Open Air Areas wie den Food Court miteinander verbinden. Hab ich so noch nie gesehen, fand ich cool – vor allem, als später die Sonne raus kam.

Der Showpalast in München – Ankunft auf dem M.STORIES Female Business Festival.

Verbindung und Selbstgnade

Die nächste schöne Überraschung wartete im Ausstellerbereich. Nach ein paar Gesprächen mit den ausstellenden Unternehmen, wie Capgemini, V.Sun, Venya und der Finanzielle, entdeckte ich zufällig meine The Matchmakers Kollegin Melie. Seit 3 Jahren sind wir gemeinsam auf der Bits & Pretzels im Einsatz, eine Unterhaltung ergab sich allerdings nie. Bis Freitag eben. Dann wurden aber auch direkt unzensierte Einblicke in die Gefühlswelt und die aktuellen Herausforderungen gewährt. Wie gut das tut!

Ganz beflügelt konnte ich es mir natürlich auch nicht entgehen lassen, Stina Spiegelberg anzusprechen, die plötzlich zufällig neben uns stand. Nach einem heftigen Burn-Out hat Stina vor einigen Jahren eine 180°-Karrierewende hingelegt, und sich ganz ihrem Hobby, der veganen Küche gewidmet. Heute ist sie erfolgreiche Unternehmerin, TV Köchin, 10-fache Autorin und Mentorin für andere Unternehmerinnen. Und vor allem ist sie SEHR offen und zugänglich. 

Melie und ich waren uns einig: Genau DAS macht den Unterschied, wenn Frauen auf Veranstaltungen wie dem M.STORIES Festival zusammen kommen. JEDE ist offen für neue Begegnungen, JEDE bietet der anderen Bestärkung und Unterstützung an. ALLE meinen es gut miteinander.

Mit Stina Spiegelberg auf dem M.STORIES Festival

Die Freundlichkeit, Empathie und Wärme, die ich bisher erfahren habe, wenn ich einfach offen über mein „Scheitern“ gesprochen habe, steht im harten Kontrast zu den Szenarien, die mein gemeines Hirn immer wieder abspielt. „Du hast dich getraut. Den Mut hat nicht jeder.“ und „Mit dem, was du dabei gelernt hast, wird es beim nächsten Mal schon viel besser laufen“ sind die regelmäßigsten Kommentare, die ich erhalte. So spannend, dass mein Umfeld so viel gnädiger mit mir ins Gericht geht als ich selbst.

Von Safe Spaces und dem Kampf gegen Autopiloten

Zu Guter Letzt noch zwei wilde Erkenntnisse, die in der Masterclass von Ten More In, genauer gesagt von Executive Coach Nora Dahlström bei mir hängen geblieben sind.

  1. Ein sicherer Raum, also dieser sogenannte „Safe Space“, den sich vor allem Frauen so oft wünschen, um sich über Karriere, Unternehmertum und sonstige Fragen auszutauschen, entsteht nicht innerhalb von Wänden und hinter Türen. Er entsteht, wenn eine Gruppe von Personen die Übereinkunft haben, dass zwischen Ihnen ein sicherer Raum besteht.
  2. Der Reiz-Reaktions-Raum bietet uns die Möglichkeit, den Autopiloten, der durch Affekt und Emotionalität gerne selbstaktiviert und die Kontrolle über Mimik, Tonlage und weitere Reaktionen (in meinem Fall ja gerne mal Wuttränen – haben ihre Daseinsberechtigung, aber in der jeweiligen Situation nicht immer zielführend) übernimmt, auszuschalten. Wenn wir diesen Raum besser nutzen, kann er uns die Freiheit geben, überlegter, ruhiger und selbstbestimmter mit schwierigen Situationen umzugehen. Noras Tipp: Solange das noch schwer fällt, nimm dich physisch aus der Situation heraus, sprich: hol dir einen Kaffee, geh auf Toilette, lauf ums Gebäude, lass dir sonst irgendwas einfallen. Muss und werde ich bewusst üben.
Nora Dahlström und Helena Meyer-Schönherr von der Ten More In GmbH

Mein Fazit: Komplett konnte mich das M.STORIES Female Business Festival noch nicht aus der Identitätskrise herausmeißeln, aber ich habe wieder neue Werkzeuge an die Hand bekommen, mit dem die Restaurierungsarbeiten leichter fallen. Die Gesellschaft von gleichgesinnten Frauen empfinde ich schlichtweg als extrem empowernd – auch in einer Situation, mit der ich mich instinktiv lieber verstecken als in die Öffentlichkeit wagen möchte. Außerdem hat das pinke Entrepreneurship-Lämpchen in meinem Kopf wieder angefangen zu blinken – da muss irgendwo ein Notstromgenerator aktiviert worden sein.

So. Wir beenden das Ganze mit diesem schönen Zitat von Maya Angelou:

„Du kannst viele Niederlagen erleben, aber du darfst nicht besiegt werden. Tatsächlich kann es notwendig sein, Niederlagen zu erleben, damit du weißt, wer du bist, woraus du aufsteigen kannst und wie du immer noch daraus hervorgehen kannst.“


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